WAS SIND WERTE? - SALONRÜCKBLICK

Im 24. Salon sprachen wir über Werte.

Zur Diskussion standen jene Werte, die sich nicht auf den volkswirtschaftlichen Bereich und das Materielle beziehen (Tauschwert, Geld etc.), sondern v.a. die ideellen Werte, die im Bereich der Ethik oder “Wertphilosophie” behandelt werden. Diese immateriellen Werte werden oft mit Sinn verbunden, wohingegen die materiellen Werte mit Nutzen in Verbindung gebracht werden. Obwohl diese Unterscheidung etwas vage ist.

Welchen Nutzen haben Werte?

Denn natürlich haben auch ideelle Werte einen Nutzen: Genau das diskutierten wir u.a. im Salon. Aus Werten resultieren meist Handlungsmaximen. Eigentlich sollte sich eine Wertegemeinschaft darauf verlassen können, dass der Andere auf Basis bestimmter Überzeugungen handelt und damit berechenbar ist. Werte stellen daher eine wichtige Orientierung für eine Gemeinschaft dar: sie erleichtern das eigene Handeln und schaffen Vertrauen in das Handeln des Anderen.

Wenn es doch nur immer so leicht wäre. Denn oft genug stimmen wir rational mit bestimmten Werten überein, im Handeln fällt es uns trotzdem schwer, dieses Denken in die Praxis umzusetzen. Aber nicht nur gibt es diesen gap zwischen Überzeugung und Handeln, manchmal kann das wertorientierte Handeln auch einfach strukturell und systemisch erschwert werden.

Tugenden statt Werte?

Es scheint fast, als ob der verwendete Begriff in der Antike, jener der Tugend, den Übergang zwischen Denken und Handeln besser in den Blick bringen kann. In der Tugend ist angelegt, dass eine bestimmte Überzeugung in der Praxis erst durch eine regelmäßige Übung vollzogen werden kann. Der Wertebegriff hingegen hat oft etwas statisches, als ob man einen bestimmten Wert nur vertreten muss, um ihn leben zu können.

Auch das unangenehme Wort des “Wertekatalogs” verweist auf dieses Bild von Werten, dass den Prozess und die Dynamik außen vor lässt. Als ob es hier einfach eine auswendig zu lernende Liste gäbe, die dann automatisch in die Lebenswelt übertragbar wäre. Dabei ist im Althochdeutschen das Wort mit “werden” verwandt und verwies einstmals auf die Übung des Herausbildens einer Haltung.

Werte-Ebenen

Im Salon kamen wir überein, dass sich Werte auf sehr unterschiedlichen Ebenen manifestieren können. Vor allem die Zeitkomponente ist hier wichtig. Es gibt Werte, die sich ständig situativ nicht nur bewähren müssen, sondern auch flexibler sind als andere. Werte können teilweise von Generation zu Generation wechseln, wie zum Beispiel der Charakter von Freundschaft vor und nach dem Aufkommen von social media Kanälen.

Werte sind anstrengend

Der Wert Freiheit ist zum Beispiel abstrakter und wird wahrscheinlich erst in Zeiten der Unfreiheit voll empfunden werden. Wohingegen der Wert der Pünktlichkeit tagtäglich auf dem Prüfstand gestellt werden kann. Die sogenannte “Wertehierarchie” kann daher auch nicht absolut festgelegt werden, sondern muss sich den jeweiligen Bedingungen und dem Kontext anpassen. Gerade weil sich Werte immer im täglichen Leben beweisen müssen, brauchen sie Energie. Sie verlangen uns etwas ab, weil wir oft zwar von etwas überzeugt sind, aber noch nicht ins Handeln kommen.

Woher kommen Werte?

Nachdem Werte so unterschiedliche, sowohl zeitliche als auch qualitative, Dimensionen aufweisen können, kamen wir zum Schluss, dass Werte mindestens aus drei Quellen gespeist werden:

  1. sie lassen sich aus einer Grundverfasstheit des Menschen ableiten (z.B. Liebe, Fürsorge, Vertrauen etc.)

  2. viele sind kulturell und werden durch Sozialisierung übertragen

  3. sie sind abhängig von aktuellen Entwicklungen und generieren sich relativ schnell aus dem Zeitgeschehen

Dass Werte mit Zeit in einem engen Zusammenhang stehen, darauf hat Thomas Vašek in seinem Buch “Zeit leben” hingewiesen. Das, was uns wichtig, wertvoll ist, darin investieren wir Zeit und auch die Zeit ist ein Wert, der wir viel Aufmerksamkeit schenken sollten, um sie unserer Vorstellung des guten Lebens entsprechend, gestalten zu können. “Wert braucht Zeit, Zeit braucht Wert.”

Welche Werte?

Welche Werte sind nun von Relevanz - für uns heute? Nach langer Diskussion sind wir zum Schluss gekommen, dass es doch einige Werte gibt, die in ihrer Bedeutung über den anderen stehen, also auf der Wertehierarchie ganz oben sind.

Top-Werte sind:

  • Diskursfähigkeit und Dialogbereitschaft (Verstehen wollen)

  • Würde

  • Empathie

  • Autonomie und Freiheit

  • kritisches Denken

  • Offenheit / Respekt / Toleranz

  • Solidarität

Welche Eigenschaften müssen Werte aufweisen, um als solche akzeptiert zu werden?

  • einen gemeinschaftlichen (universellen) Charakter haben

  • zum Guten hin streben

  • sie brauchen Zeit

  • einfach verständlich / klar sein

  • überprüfbar sein

  • nachhaltig sein

Und wie immer haben wir uns dieses Mal auch in einer schnellen Schlussrunde an der Frage versucht “Was sind Werte?”:

Werte sind:

  • Grundlagen für Gesetze und Entscheidungen

  • der gesellschaftliche Kitt

  • veränderbar

  • ständig zu hinterfragen

  • lebbar

  • vermittelbar

  • wichtig fürs Zusammenleben

  • eine Auszeichnung für den Menschen

  • notwendig, um ein gutes Leben zu führen

  • vorsichtig zu behandeln, denn sie dürfen dem Einzelnen nicht über Sozialisierung ausgetrieben werden

Wir sehen, eine Definition fällt tatsächlich sehr schwer. Leichter ist es, die Funktion von Werten zu bestimmen. Aber vielleicht ist das auch der zentrale Punkt.

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